Zeit für uns haben sollte. Erst sehr viel später entdeckte
ich, dass er manchmal länger wegblieb, um
abends seine Ruhe zu haben.
Ich bastelte eifrig für ihn, damit er wenigstens etwas
von mir haben sollte. Mein Vater besaß einen „Bastelkeller“,
eine komplett eingerichtete Schreinerwerkstatt,
da er, bevor er Architekt wurde, Zimmermann
war. Wenn ich meinen Vater beeindrucken wollte,
schreinerte ich in seiner Werkstatt.
Mein Vater war eigentlich von Beruf Sohn eines
Hamburger Kapitäns. Neben seinen drei Schwestern
musste er nie etwas zum Haushalt beitragen und
hatte nur die Aufgabe, während der Abwesenheit seines
Vaters das Familienoberhaupt zu repräsentieren.
Wie bei Thomas Mann in den Buddenbrooks, sind
hanseatische Kapitänssöhne die ungekrönten Häupter
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der Familie.
Vermutlich war es für meinen Vater ganz schrecklich,
dass er nach mehr als 200 Jahren Tradition, der
erste männliche Nachkomme der Kapitänsfamilie
war, der nach dem Zweiten Weltkrieg diesen Beruf
nicht mehr ausüben konnte. Das Gefühl versagt zu
haben projizierte er auf mich, seinen Sohn. Mein Vater
machte viele Segelscheine, aber ich interessierte
mich nicht für Schiffe – ich hatte Angst vor dem
Wasser. Es war Versagen genug, dass ich auf seinen
immer größer werdenden Segelbooten nicht mitsegeln
wollte.