angeketteten Dorfköter gehörte ebenfalls in den Beschwerdekatalog.
Das nervte zusehends, und Martina reagierte immer öfter
aggressiv und zynisch. Sie steuerte durch spanische und
französische Sprachkurse, Teilnahme an Touristikseminaren
den Beruf der Reiseleiterin an.
Eines Tages war es so weit. Die Bewerbung bei dem Busunternehmen
»Karawan« hatte Erfolg, und auf einem betriebseigenen
Speziallehrgang für Reisen nach Spanien und Marokko
sollte sie 14 Tage lang im bayerischen Erholungsheim der Firma
mit ihren Kollegen, den Busfahrern bekannt und den technischen
Problemen einer Schlafbus-Reise vertraut gemacht werden.
Endlich! Ihr Afrika, Maghreb nennen es die Araber, das Land
des Sonnenuntergangs, war zum Greifen nahe. Der Traum ihrer
Kinderzeit im Museum von St. Ottilien mit den Kultfiguren
fremder Religionen, der afrikanischen Tierwelt, den Schmetterlingen,
Vögeln und Dromedaren wurde Wirklichkeit ... Wüste,
gelber Sand, ziehende Kamele, der stolze kriegerische Tuareg,
Palmen, Oasen und eine gnadenlose Sonne, bleichende Gebeine
in verlorener Einsamkeit! Das musste sie mit Karl feiern.
Sie stellte sich nach Theaterkarten an und erhielt zwei gute
Plätze für das »Tanztheater Wuppertal mit Pina Bausch«.
Mutter Agnes staunte über Martinas Aufgeräumtheit, die in
letzter Zeit bedrückt ihrer Arbeit nachgegangen war. Immer
wieder kam sie in anderer Garderobe die Treppe heruntergelaufen
und wartete auf Kritik. Endlich fiel ihre Wahl auf einen
schwarzen halsfernen Seidenpulli, schwarze weite Pumphosen,
die unterhalb des Knies zum Knöchel schmal ausliefen und
weiche, schmiegsame halbhohe Chevreau-Lederstiefel mit kleinem
Absatz. Die Krönung der Ausstattung bildete eine farbenfrohe,
glänzende exotische Weste. Die leichte Tönung des Gesichts,
bläulicher Perlmuttlidschatten, dezenter Lippenstift, die
langen bernsteinfarbenen Haare leicht gelockt hatten sie in eine
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