Diese und zahlreiche andere Stellen sollten Bibelfundamentalisten
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eigentlich zu denken geben, denn mit ihrer Überzeugung,
dass die Bibel "von Gott inspiriert und unfehlbar" ist, geben sie
zu, dass Gott das Recht hatte, so zu handeln und befürworten
somit seine Grausamkeit. Doch angesichts dessen, was wir oben
gelesen haben, brauchen wir auch nicht so weit zu gehen, wie
es der Forscher und Autor Heinz-Werner Kubitza4 tut, der in
diesem Zusammenhang u. a. von einem "Glaubenswahn", vom
Glauben an einen ausländerfeindlichen und mitleidlosen Gott
und von "religiösem Extremismus" im Alten Testament spricht.
Angesichts des oben Gesagten können wir davon ausgehen, dass
gewisse unethische Grundüberzeugungen erst in der Schlussredaktion
der alttestamentlichen Bücher bzw. z. T. möglicherweise
auch in zwischenzeitlich überarbeiteten Kopien dazukamen.
Hier haben die Schreiber mit einer hohen Wahrscheinlichkeit
in den historischen Rahmen Dinge eingefügt, die ihren
eigenen Gedanken entsprangen, wie eben, dass die Migration
der Israeliten ins Gelobte Land derart blutig wie beschrieben
war, wie man sich das eben aus einer gewissen theokratisch/nationalistischen
Sicht her vorstellte. Und so ging man eben auch
so weit, Gott gewisse brutale Aussagen in den Mund legen.
Im Gegensatz zu Kubitza, der sowohl das Alte als auch das Neue
Testament komplett ablehnt, kommen wir aber nicht darum
herum, dass es so ganz ohne Gott auch nicht so richtig funktionieren
will, denn wir werden noch sehen, dass die Evolutionsthese
blühender Unsinn ist und es zumindest einer "gottartigen
Kraft" bedarf, um die Entstehung der Welt und des Menschen
zu erklären.
Dazu kommt eben der bereits angedeutete Umstand, dass der historische
Rahmen des Alten Testaments verblüffend genau ist,
wie wir gleich sehen werden. Die Widersprüche zwischen den
4 Kubitza 2017