konnte. Der kalte Wind, der sie seit ihrem Aufbruch aus Attinghausen
begleitete, war indes eingeschlafen. Die Berghänge waren hier weitgehend
kahl und nur vereinzelt von kleinen Gruppen verkrüppelter Nadelbäume
besiedelt. Gegenüber der Stelle, an der sie ihr Lager aufgeschlagen hatten,
fiel der Berghang steil ab.
Nachdem Pelazzi und seine Gefährten trockenes Holz gesucht und
mühsam ein Feuer entfachten, waren die Finger des Kalabriers vor Kälte
beinahe gefühllos. Pelazzi verzog schmerzlich das Gesicht, als er spürte,
wie die Durchblutung seiner Hände mit heftig stechendem Kribbeln
zurückkehrte. Er sah prüfend zum Firmament. Es war nun beinahe
vollständig dunkel und zahlreiche Sterne funkelten über ihnen. Kalt
glänzte die schmale Sichel des abnehmenden Mondes am Himmel und
erhellte mit fahlem Schein die schneebedeckten Gebirgshänge weit über
ihm.
Die Pferde grasten unweit des Feuers. Morgen früh würde es wieder eine
Höllenarbeit werden, die Tiere ins Geschirr einzuspannen. Die Rösser
fürchteten das Ding, das hinter ihnen in der auf der Ladefläche des
Wagens festgezurrten Holzkiste lauerte. Sie hatten davor mindestens
genauso viel Angst wie die Männer selbst. Doch noch jeden Tag, seit sie
die Pferde von einem verschlagen lächelnden Händler erstanden, war es
letztendlich gut gegangen. Und es würde auch morgen gutgehen. Pelazzi
verstand etwas von Pferden. Er hatte mit zielsicherem Blick die besten
Tiere ausgesucht, die der Händler besas und sich dabei nicht übervorteilen
lassen. Die Kaltblüter hatten ihnen denn auch gute Dienste erwiesen.
Und jetzt waren er und seine Gefährten nach all den entbehrungsreichen
Jahren nur noch wenige Tagesreisen von ihrem Ziel entfernt. Bald würde
es vorbei sein.
Oder doch nicht? Pelazzi schalt sich insgeheim dafür, dass er bei
Attinghausen so barsch mit dem Bauern umgesprungen war. Sie trafen ihn
am Wegesrand bei der Feldarbeit und fragten nach dem Weg. Nun, gefragt
war vielleicht der falsche Ausdruck. Angefahren mit rüdem Ton hatte er
den verschreckten Mann. „Nach Westen, nach Westen? Da hinauf, da
hinauf, durch den Wald?“, hatte er auf einen Weg gezeigt, der südlich des
Ortes nach oben verlief und, wie zu sehen war, sich im Wald verlor. Der
Mann hatte verschreckt genickt, auf den Waldrand und die sich darüber
erhebenden Berge gezeigt und zaghaft einige Worte erwidert, die jedoch
weder Pelazzi noch seine Gefährten verstanden. Er hatte ärgerlich
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